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Infoblatt Alvar Nuñez Cabeza de Vaca (um 1490 - 1557)


Alvar Nuñez Cabeza de Vaca - eine Kurzbiographie

Mit dem Namen Cabeza de Vaca verbindet sich nahezu alles, was zu einem Abenteuer gehört. Er selbst war anfangs einer der vielen außerordentlich gefürchteten spanischen Konquistadoren, die in ihrer Gier nach Gold und Reichtum die Länder der Neuen Welt heimsuchten. Aber er gehörte auch zu jenen, die all das zu erleiden und auszuhalten hatten, was Abenteurern in fremden und gefährlichen Gebieten widerfahren kann.

De Vaca und seine Begleiter stehen bis heute für eine erstaunliche Odyssee, die sie in neun Jahren von den Inseln der Karibik bis in den Süden des nordamerikanischen Festlandes verschlug und am Ende wieder in das ersehnte Mexiko-City zurückführte. Sie mussten ihren Zeitgenossen fast wie Gespenster erscheinen, als sie 1536 in der heutigen mexikanischen Hauptstadt eintrafen. Längst hatte man sie für tot gehalten und keinen Pfifferling mehr auf einen glücklichen Ausgang ihrer Reise verwettet.

Von de Vacas Leben vor seiner Zeit in der Neuen Welt ist nur wenig überliefert. Geboren wurde er im spanischen Jerez de la Frontera, ein Ort in der Nähe von Cádiz. Er stammte aus einer vornehmen Adelsfamilie. Wie viele seiner Vorfahren schlug er die Militärlaufbahn ein und sammelte erste militärische Erfahrungen bei Schlachten in Italien.

Seine Odyssee durch den Süden der heutigen USA, die den Spanier berühmt machte, begann 1527. Als Schatzmeister nahm er an einer spanischen Expedition unter dem Kommando von Pànfilo de Narváes teil. De Narváes hatte den Auftrag, Florida für die spanische Krone in Besitz zu nehmen und dort eine Kolonie zu gründen. De Vaca selbst war 1527 aus Spanien abgereist und hatte auf Kuba überwintert, wo auch die geplante Expedition vorbereitet und ausgerüstet wurde.

Im Frühjahr 1528 stach die Expedition in See und wenig später landeten rund 600 Mann mit ihren fünf Karavellen an der Küste Floridas. Narvàez befahl den Vormarsch ins Landesinnere. Dabei ging er in brutalster Weise gegen die einheimischen Indios vor – plünderte, brandschatzte und ließ Frauen und Kinder als Sklaven verschleppen. De Vaca soll sich diesem Vorgehen widersetzt haben. Ein Grund dafür war wohl die einfache Tatsache, dass die Indianer die weißen Eindringlinge als absolute Feinde bekämpften und sie, wo immer es möglich war, in verlustreiche Kämpfe verwickelten. Hinzu kam, dass mit jedem weiteren Schritt ins Landesinnere die Verbindungswege länger und die Gefahr der Vernichtung größer wurde.

Angesichts der immer gefährlicheren Lage musste sich Narvàez schließlich zum Rückzug an die Küste entschließen. Er ließ kleine Boote bauen, denn der Weg auf dem Wasser zurück zur Küste war gefahrloser als der Landweg und sparte Zeit. Doch dann schlug das Schicksal zu: In einem Unwetter – einige Quellen sprechen von einem Hurrikan – verloren bis auf 80 Expeditionsmitglieder alle anderen ihr Leben. Unter den Überlebenden, die in der Nähe der heutigen Stadt Galveston an der texanischen Küste strandeten, war auch Cabeza de Vaca.

Nach der Überwinterung lebten von den Spaniern im Frühjahr 1529 jedoch nur noch 15 Männer. Alle anderen waren einem überaus strengen Winter und den Strapazen des Lebens der Naturvölker nicht gewachsen gewesen. Die Europäer, die zunächst beim Stamm der Yaquis Aufnahme gefunden hatten, lernten nun das harte Leben der Indianer, deren Land, Sprache und Bräuche kennen. Sie waren die ersten Nichteingeborenen, die den Südwesten Nordamerikas betreten hatten und dort auch die beeindruckenden Bisons sahen.

Die Indianer verhielten sich gegenüber den Weißen sehr gegensätzlich – die einen behandelten sie als Gefangene, andere wieder halfen ihnen. Besonders beeindruckt waren die Einheimischen aber offensichtlich von den medizinischen Kenntnissen und Fähigkeiten der Europäer, die im Ruf von "Wunderheilern" standen.

Von Galveston aus zogen die Spanier westwärts. Das Leben in den Sumpfgebieten der texanischen Küste war genauso hart und entbehrungsreich wie später das Durchqueren der dichten Wälder und der Weiten der nordamerikanischen Prärie auf dem langen Marsch zum Rio Grande. Von dort aus kämpften sie sich schließlich bis Mexiko-City durch. Als sie in der Stadt ankamen, schrieb man das Jahr 1536. Und seit 1533 waren von den einst 15 Spaniern nur noch ganze vier am Leben geblieben. Sie hatten auf ihrem mörderischen Marsch durch den Südwesten der heutigen USA insgesamt über 6.000 Kilometer zurückgelegt.

1537 kehrte de Vaca nach Spanien zurück und veröffentlichte hier seine Reiseerinnerungen. Er schürte in Europa mit seinen anschaulichen Berichten das Interesse an der Neuen Welt. Seine genauen Aufzeichnungen waren ihm nachfolgenden europäischen Entdeckern wie Hernando de Soto und Francisco Vasquez de Coronado von größtem Nutzen. Außerdem hatte die neunjährige Nordamerika-Odyssee de Vaca in einem ganz entscheidenden Punkt gewandelt: Vehement setzte er sich für die menschliche Behandlung der indianischen Urbevölkerung in allen spanischen Kolonien ein. Ein ganz augenscheinlicher Beweis für die bis heute gültige Weisheit, dass Reisen bildet.

1540 wurde de Vaca zum Gouverneur der spanischen Provinz Rio de la Plata ernannt. Er erforschte in den Folgejahren den Río Paraguay. 1545 erhoben sich die spanischen Siedler gegen den Gouverneur. Er wurde der Untreue gegenüber der spanischen Krone für schuldig befunden und verlor sein Amt und alle Würden. Zurückgekehrt nach Spanien, betraute man de Vaca mit einem Richteramt in Sevilla, wo er 1556 oder 1557 starb.


Sein Leben in Zahlen und Fakten

  • geb. um 1490
    Der aus einer vornehmen Adelsfamilie stammende Alvar Nuñez Cabeza de Vaca wurde im spanischen Jerez de la Frontera in der Nähe von Cádiz geboren. Er schlug die Militärlaufbahn ein und diente u. a. in Italien.
  • 1527
    Der Spanier verließ seine Heimat und ging nach Kuba. Dort beteiligte er sich an den Vorbereitungen der Expedition unter dem Kommando von Pànfilo de Narváes.
  • 1528
    Die Expedition, der Cabeza als Schatzmeister angehörte, landete in Tampa Bay auf Florida. In kurzer Zeit endete das Unternehmen in einem Fiasko. Von den ins Landesinnere des nordamerikanischen Südens vorgestoßenen ca. 150 Spaniern kamen über die Hälfte bei dem Versuch ums Leben, auf Flößen ihre in der Bucht von Tampa Bay wartenden Schiffe zu erreichen. Nur noch etwa 80 Männer gelangten in der Nähe der heutigen Stadt Galveston an die texanische Küste.
  • 1529
    Der Winter 1528/29 forderte weitere Opfer und die Zahl der Überlebenden schmolz auf 15 Männer. Die machten sich im Frühjahr 1529 auf den langen, unbekannten Weg in Richtung Mexiko-City. Zunächst folgten die Spanier dem Lauf des Colorado.
  • 1533
    Von allen Spaniern lebten jetzt noch allein vier Männer – unter ihnen Cabeza de Vaca. Sie waren die ersten Europäer, die den südwestlichen Teil der heutigen USA mit eigenen Augen sahen.
  • 1536
    Als Cabeza de Vaca und seine Gefährten in Mexiko-City eintrafen, war eine der spektakulärsten Abenteuerreisen in der Epoche der großen Entdeckungen zu Ende gegangen. Die so lange Verschollenen brachten von ihrer Odyssee nicht nur die ersten genaueren Beobachtungen und Beschreibungen von der Geografie des Südwestens der heutigen USA und vom Leben der indianischen Ureinwohner mit. Mit ihren Berichten verbreitete sich auch die Legende von den "Sieben goldenen Städten", die noch Jahrzehnte nach de Vaca weitere Abenteurer in ihrer Goldgier nach Nordamerika trieb.
  • 1537
    Cabeza de Vaca kehrte nach Spanien zurück und schrieb dort seine Reiseerinnerungen. Er setzte sich fortan für die gerechte und humane Behandlung der amerikanischen Ureinwohner ein.
  • 1540 bis 1545
    Als Gouverneur des Gebiets am Rio de la Plata erkundete de Vaca den Paraguayfluss. Nach Querelen mit den Siedlern, die ihn beim König wegen Untreue verklagten, wurde er aus seinem Amt entlassen.
  • um 1557
    Nach seiner Rückkehr ins heimatliche Spanien lebte de Vaca in Sevilla, wo er 1556 oder 1557 starb.



Quelle: Geographie Infothek
Autor: Dr. Klaus-Uwe Koch
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2012
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 04.06.2012